Alexander Falser – Tchibo GmbH
Veröffentlicht AM 30 07 2021Alexander Falser leitet die Abteilung Consumer Insights bei Tchibo GmbH und ist verantwortlich für Fragen rund um die Konsumentenforschung. Die Tchibo GmbH mit Sitz in Hamburg ist eines der größten deutschen Konsumgüter- und Einzelhandelsunternehmen und einer der größten Kaffeeröster Europas.
KPIs für Brand Growth
Bei Tchibo gibt es zwei Welten von Marken-bezogenen KPIs, erzählt Alexander Falser. Das eine sind die Klassiker und das andere sind neuere Ansätze, die z.B. auf den Arbeiten von Byron Sharp oder Les Binet basieren: „Wir arbeiten noch mit zwei Arten von KPIs. Das eine sind die Klassiker, wie z.B. die Funnel KPIs von Awareness bis zu Recommendation. Das andere, womit wir uns seit einiger Zeit intensiv beschäftigen, sind neuartige KPIs, die z.B auf Byron Sharp‘s Veröffentlichungen “How Brands Grow” basieren. Sie vermitteln einem konkreter als die Klassiker, ob das Wachstum der eigenen Marken auf Kurs ist.“ Neben den rein markenbezogenen KPIs gibt es noch die stärker Sales-relevanten KPIs, erklärt Alexander Falser. Aus seiner Sicht ist dies v.a. die Haushaltsreichweite. Dies ist wohl der entscheidende KPI um Marken-Aufbau in Umsatzwachstum zu übersetzen.
Data-Driven Decision Making im Unternehmen
Mit dem Thema DDDM beschäftigt sich Tchibo schon seit Jahren, sagt Alexander Falser. Daten werden in allen Bereichen stark genutzt, am stärksten im Bereich E-Commerce. Auch im Bereich Brand Building und der Media-Optimierung hat datenbasiertes Arbeiten längst Einzug gehalten. „Wir sind relativ weit in dem Prozess, vor allem bei Themen wie digitale Transformation und Business Intelligence. Wir haben uns die letzten Jahre auch intensiv mit dem Thema Marketing Mix Modeling beschäftigt. Das alles war eine lange Reise. Anfangs gab es viele offene Fragen. Welche Datenquellen soll man nutzen? Wie ist die Qualität? Wie und wo soll man die Daten zusammenführen? Wie macht man sie zugänglich? Und was sind die richtigen Tools? Das waren riesige Aufgaben zu Beginn des Prozesses. Wir haben viele wichtige Erfahrungen gesammelt. Heute geht es vor allem um die Frage nach der festen Integration von DDDM in die internen Planungsprozesse.“
Der Transformationsprozess
Datengetriebenes Arbeiten ist für Alexander Falser ein großer Transformationsprozess. Das Ziel bei Tchibo bleibt eine noch stärker datengetriebene Entscheidungsfindung. Aber auch langjährige Erfahrung spielt bei der Entscheidungsfindung weiterhin eine wichtige Rolle: „Wir befinden uns, wie viele Unternehmen, in einem stetigen Transformationsprozess hin zu immer stärker datenbasierten Entscheidungen. Natürlich sind langjährige Erfahrung und Geschäftssinn bei der Entscheidungsfindung wichtig, aber letztlich müssen Business-Entscheidungen auch stets durch Daten hergeleitet und abgesichert werden.
„Wir befinden uns in einem stetigen Transformationsprozess hin zu einer immer stärker datengetriebenen Entscheidungsfindung.“
Die Bereitschaft mit Daten zu arbeiten sei bei Tchibo groß, erzählt Alexander Falser, aber man muss sich auch an diese Arbeitsweise gewöhnen: „Es war leicht, sich für diesen Weg zu entscheiden, denn die Bereitschaft ist natürlich da. Die Herausforderung ist vor allem, sich dem zu stellen, was sich zunächst kontraintuitiv anfühlt. Man hat Erfahrungen gesammelt und bestimmte Glaubenssätze entwickelt, aber die Daten zeigen einem etwas anderes. Wie geht man mit diesen Situationen um? Wie schafft man Vertrauen in zum Teil komplexe Datenmodelle? Das ist eben auch ein Teil des Transformationsprozesses.‘
Erfolgsfaktoren und Fallstricke
Bekannte Glaubenssätze in Frage stellen und sich selbst immer wieder ‚prüfen‘, ist einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren, findet Alexander Falser. Genauso wichtig ist es, anhand von verschiedenen Cases immer wieder zu zeigen, dass datenbasiertes Arbeiten zu besseren Ergebnissen führt: „Sich auf eine andere Interpretation einzulassen, wenn die Daten etwas anderes anzeigen als man erwartet, setzt voraus, dass man die Daten, die Prozesse und die Modelle versteht. Man muss aber auch anhand von Cases nachweisen, dass datengetriebenes Arbeiten zu höheren Trefferquoten, besseren Conversions und mehr Kundenbegeisterung führt, und im Endeffekt natürlich zu mehr Ertrag.“ Der Datenvalidierungsprozess ist ein weiterer Erfolgsfaktor, findet Alexander Falser, man sollte nur Daten verwenden, die glaubwürdig, abgesichert und stabil sind: „Am Anfang muss man die richtigen Datenquellen finden. Was für Daten gibt es überhaupt? Welche davon sind belastbar und können kontinuierlich genutzt werden? Es gibt unzählige Datenquellen. Aber was sind die richtigen?“
„Man muss bereit sein, sich von Glaubenssätzen zu verabschieden und eine andere Interpretation zulassen.“
Die Rolle der Marktforschung
„Es verändert sich sehr viel, so viel wie seit den Anfängen der Marktforschung nicht mehr. Die Dynamik ist hoch und verändert die Rolle des betrieblichen Marktforschers drastisch. Man muss neue Kompetenzen aufbauen, sich mit Data Science und neuen Formen der Interpretation und der Visualisierung von Daten auseinandersetzen. Für manche heißt das auch, man muss wieder von neuem lernen.“, sagt Alexander Falser. Seiner Meinung nach wird KI in der Zukunft eine immer größere Rolle spielen und den Forschern einen Teil der Arbeit abnehmen: „KI ist letztlich eine Prognosetechnologie und vieles, was wir in der Marktforschung machen, hat mit Prognosen zu tun. Jetzt gibt es eine Technik, die einem diese Arbeit zum großen Teil abnehmen kann. Das führt zu einer neuen Beziehung zwischen Mensch und Technologie und zu anderen Schwerpunkten der Tätigkeit.“
„Es verändert sich sehr viel, so viel wie seit den Anfängen der Marktforschung nicht mehr. Die Dynamik ist hoch und verändert die Rolle des betrieblichen Marktforschers drastisch.“
Die Zielvision
Für die Bereiche Media und Markenführung ist das Ziel beim Thema DDDM, eine möglichst zeitnahe datenbasierte Steuerung über eine leistungsstarke und intuitive Software, mit der Möglichkeit Szenarien durchzuspielen sowie Test&Learn zu betreiben, sagt Alexander Falser. Neue Ideen und Inspirationen dazu gibt es in Hülle und Fülle, im Web, bei Seminaren, Konferenzen, Podcasts und immer neuen, spannenden Publikationen.